Auf dieser Seite möchten wir Ihnen das Konzept unserer Tätigkeit im Fachbereich Kynotherapie vorstellen. |
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1. Überblick Wir bezeichnen unsere Tätigkeit als Kynotherapie. Hierbei betreuen wir (jeweils ein Kynotherapeut mit seinem Hund) Menschen in sozialen Einrichtungen: Wachkomazentren, Einrichtungen für Menschen mit geistigen und/oder körperlichen Beeinträchtigungen, Seniorenzentren, Krankenstationen, Hospize, etc. Die Unterschiede zu der gebräuchlichen Praxis der Besuchshunde werden wir auf den folgenden Seiten deutlich herausstellen. Es handelt sich bei unserer Tätigkeit um keine vollständige Neuerfindung. Neu ist jedoch die Kombination bereits bekannter Methoden und Wirkungsprinzipien zu einer sehr speziellen Therapieform. Uns sind keine anderen Organisationen bekannt, welche nach der selben oder sehr ähnlichen Art und Weise tätig sind. Unsere Arbeitsweise enthält psychologische, pädagogische, verschiedene therapeutische sowie natürlich kynologische Bestandteile. Entscheidend für die Wirkung sind die richtige Zusammensetzung und Durchführung, die im folgenden noch erläutert werden. Zunächst jedoch noch einige Erklärungen zu von uns verwendeten Termina: Kynotherapie ist die von uns gewählte Berufsbezeichnung. Dieses Wort setzt sich zusammen aus den Begriffen Kynologie (wissenschaftliche Lehre von den Hunden ) und Therapie (Maßnahmen zur Behandlung, Heilung, Beseitigung oder Linderung von Krankheitssymptomen und die Wiederherstellung von körperlichen oder psychischen Funktionen) Als Klienten bezeichnen wir die Menschen, die wir mit unserer Arbeit betreuen. Warum wir nicht den Begriff „Patienten“ verwenden wird später erläutert. Kettenübungen sind mehrere Einzelübungen, die nacheinander ausgeführt werden sollen. Hierbei muss sich unser Klient zumeist für jede der Einzelübungen ein optisches und ein akustisches Kommando merken und diese dann in der richtige Kombinationanwenden. (Bsp: Hier – Sitz – Fuß ) 2. Entstehung „Geburtsort“ der Kynotherapie ist unser Hundeverein. Dieser sowie die ehrenamtliche Tätigkeit unseres damaligen Kynotherapeuten-Teams als Ausbilder für Hund und Mensch ist gleichzeitig die Grundlage für das kynologische Know-How in unserer Arbeit. Natürlich wurde in unserem Ausbilderteam auch der bekannte Einsatz von Tieren in Pflege- und Betreuungseinrichtungen diskutiert. Dabei fanden wir viele Kritikpunkte. Gleichzeitig entstanden die ersten Ideen darüber, wie man diese Arbeit deutlich wirkungsvoller realisieren könnte. Die Weiterführung dieser Gedanken wurde dann nur durch den Umstand möglich, dass in unserem Team sehr spezifische Berufsgruppen vertreten waren (und sind): eine Ergotherapeutin, eine Sonderpädagogin, eine Pflegekraft und ein Kynologe. (Später wurden noch weitere Fachleute aus anderen Bereichen mit einbezogen.) So nahmen unsere Vorstellungen von einer wirklich „therapeutischen Betreuung mit Hunden“ sehr schnell klare Formen an. An nächster Stelle stand der Entschluss, uns gegenseitig intensiv auf die Umsetzung unserer Ideen in der Praxis vorzubereiten. Dazu war es erforderlich, dass jeder von uns den anderen sein fachspezifisches Wissen und Können (zumindest den für unsere Tätigkeit relevanten Teil) vermittelte. Dies geschah intensiv im Laufe eines Jahres. (Auch nach Aufnahme unserer praktischen Tätigkeit wurde und wird dieser gegenseitige Schulungsprozess regelmäßig fortgesetzt.) Am Ende dieser Zeit stand dann ein fertiges Arbeitskonzept, welches es nun in die Praxis umzusetzen galt. Mit diesem Konzept wandten wir uns nun an einige soziale Einrichtungen und stießen auf großes Interesse. Seitdem wächst unser Kundenkreis stetig.
3. Ziele Im Gegensatz zu bekannten Therapiemaßnahmen (Ergo, Physio,...) ist unsere Arbeit mit unseren Klienten nicht nur speziell auf die Förderung einer bestimmten Funktion, sondern ganzheitlich ausgerichtet. Dadurch hat die Kynotherapie gleichermaßen prophylaktischen, kurativen und palliativen Charakter. Dies ist besonders bei der Betreuung von Klienten in Wohnheimen bzw. Pflegeeinrichtungen von Bedeutung. Deren Lebensqualität hängt – ebenso wie die Höhe der Zahlungen der Pflegekassen – in entscheidendem Maße von ihrer Selbständigkeit ab. Um diese zu fördern und möglichst lange zu erhalten ist ein regelmäßiges Training für Geist und Körper von grundlegender Bedeutung. In der Praxis gibt es hier große Defizite. Das Angebot an diesbezüglichen Veranstaltungen ist nicht ausreichend. Aber selbst die vorhandenen Angebote werden von vielen Senioren mangels Motivation abgelehnt, oder die Übungen werden nur halbherzig ausgeführt. Es fehlt an echter, wirkungsvoller Motivation. Andererseits gibt es bereits viele Hundebesuchsdienste, die mit ihren Hunden (oder auch mit anderen Tieren) die Heime besuchen und deren Bewohnern Abwechslung und Beschäftigung bieten. Hier ist oft erkennbar, dass die Anwesenheit eines Tieres auf viele Menschen hoch motivierend wirkt. Viele Klienten werden aktiver, ihre Stimmung verbessert sich schlagartig, die Kommunikation nimmt zu. Da diese Situation aber nicht aktiv genutzt wird, lassen diese Wirkungen sehr schnell wieder nach. An dieser Stelle setzt die Kynotherapie an. Unsere Qualifikation und die Ausbildung unserer Hunde ermöglichen eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Hund und Klient. Bei Hundebesuchsdiensten beschränkt sich der Kontakt zwischen Hund und Mensch zumeist auf Streicheln und das Reichen von Leckerlis. Ziel unserer Arbeit ist es, darüber hinaus eine aktive Beziehung zwischen Klient und Hund herzustellen. So führen wir beispielsweise keine Kunststückchen mit unseren Hunden vor. Wir leiten unsere Klienten dahingehend an, diese Übungen selbst mit dem Hund durchzuführen. Dies ist ein langer Lernprozess für Mensch und Hund, wodurch aber auch eine langjährige Betreuung nie langweilig wird, weil dieser Lernprozess laufend von Erfolgserlebnissen bei Teilschritten begleitet wird. Dadurch ist die Arbeit mit dem Hund immer durch die positive Bestätigung für unsere Klienten gekennzeichnet. Die Variabilität der Arbeit mit dem Hund macht es darüber hinaus möglich, die Übungen an jeden Klienten (unabhängig von seinem Zustand) anzupassen und somit für gleichermaßen positive Erlebnisse zu sorgen. Natürlich können wir unsere therapeutischen Maßnahmen auch auf die Förderung bestimmter Funktionen konzentrieren. Dies geschieht dann, wenn wir ein spezielles Defizit feststellen bzw. darüber informiert werden. Größte Bedeutung hat der gezielte Einsatz der Kynotherapie im Wachkomabereich. Auch hier gelingt es dem Hund, eine Motivationslage zu erzeugen, welche die Klienten oft zu deutlich höheren Anstrengungen und Leistungen befähigt als dies bei anderen Therapien der Fall ist. Hierbei richten wir unsere Arbeit natürlich nach den Vorgaben der betreuenden Therapeuten aus, denn unsere Arbeit soll die ihre unterstützen. Besonders in den Bereichen Sensorik und Motorik können so gezielt bestimmte Funktionen angesprochen werden. Ein weiteres Grundprinzip unserer Arbeit ist die bereits angesprochene Ganzheitlichkeit. Das bedeutet für uns, dass wir uns bemühen, die Wirkung unserer Arbeit weit über die Therapiezeiten hinaus auf den gesamten Alltag der Klienten auszudehnen und dadurch deren Sozialverhalten untereinander und dem Pflegepersonal gegenüber positiv zu beeinflussen. Auch in diesem Bereich bestätigen uns unsere Kooperationspartner definitiv den Erfolg unserer Arbeit. Realisiert wird dieses Prinzip durch mehrere Strategien. Zuerst zu nennen ist eine vielfältige Arbeit mit Fotos. Dazu gehört zunächst, dass wir unsere Therapiegruppen regelmäßig mit dem Fotoapparat begleiten und den Klienten ebenso regelmäßig Bilder von Ihnen im Kontakt mit dem Hund übergeben. Diese werden von den Klienten oder vom Pflegepersonal in den Wohnräumen aufgestellt bzw. aufgehängt und sind somit für die Klienten ständig präsent. Des weiteren statten wir unsere Kooperationspartner mit Magnettafeln aus, auf denen wir jeweils die nächsten Termine ankündigen und auch immer aktuelle Fotos von unserer Arbeit präsentieren. Diese Tafeln werden in den Fluren oder Gemeinschaftsräumen unserer Kooperationspartner aufgehängt und erinnern so auch an den Hund, zu dem die Klienten eine sehr enge Bindung aufgebaut haben. Ebenfalls wichtig ist die Teilnahme des betreuenden Therapeuten mit seinem Hund an den Veranstaltungen der Kooperationspartner (Sommerfest, Weihnachtsfeier, etc.). Auch das dient dazu, die Präsenz des Themas „Hund“ im Alltag zu erhöhen. Schließlich bieten wir unseren Kooperationspartnern noch die Durchführung zweier verschiedener Informationsveranstaltungen an. Die erste richtet sich an die Bewohner und deren Angehörige und Freunde. Darin informieren wir auf allgemeinverständlicher Ebene über unsere Arbeit und deren Ziele. Die zweite ist auf das Personal ausgerichtet. Hier liegt der Schwerpunkt auf den fachlichen Aspekten des therapeutischen Einsatzes von Tieren.
4. Therapeutische Arbeitsprinzipien Wie bereits gesagt kombiniert unsere Arbeit psychologische, pädagogische, verschiedene therapeutische sowie natürlich kynologische Bestandteile, mit denen wir die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Klienten kurativ wie palliativ beeinflussen. Dies möchten wir nun näher beschreiben. Zunächst einmal einige Worte zur Rolle des Hundes. Dieser wird in diesem Schreiben selten auftauchen, denn obwohl er eine sehr wichtige Rolle spielt, hat er lediglich eine einzige Funktion: Er ist Motivator. Unsere Erfahrungen zeigen, dass über 85% der Bewohner sozialer Einrichtungen schon durch die Anwesenheit eines Hundes motiviert bzw. euphorisiert werden. Dies gilt auch für Menschen, welche zunächst Berührungsängste haben, aber dennoch zu einer Teilnahme an der Therapie bereit sind. Nicht erreicht werden können lediglich Personen, die auf Hunde phobisch reagieren und deshalb jede Nähe ablehnen. Auf die Ursachen der beindruckenden Wirkung von Tieren auf Menschen soll hier nicht weiter eingegangen werden. Dazu sind mittlerweile viele interessante Fachbücher erschienen, welche diese Wirkungen nicht nur nachweisen, sondern auch begründen. Dies bildet die Grundlage und den Ausgangspunkt für unsere Arbeit. Hier liegt im übrigen auch unsere Unzufriedenheit mit der Besuchshunde-Praxis begründet: Auch hier entsteht eine hohe Motivationslage, die jedoch nicht weiter genutzt wird. Diese Nutzung zu therapeutischen Zwecken ist Inhalt unserer Arbeit. Um zu verdeutlichen, wie breit das Wirkungsspektrum unserer Arbeit ist, sollen nun einige Funktionen, die wir gezielt fördern können, aufgeführt und erläutert werden. Besonders hervorzuheben ist, dass unsere Arbeit den Vorteil bietet, die Anforderungen an all diese Funktionen sehr fein zu differenzieren. In sofern können wir unsere Arbeit auf den Zustand und die Fähigkeiten eines jeden Klienten individuell einstellen. - Motorik o Lokomotorik § Bewegung von Armen, Händen, Fingern § Gehen (auch mit Hilfsmittel) § Fahren des Rollstuhls o Statomotorik § Sitzen (Körperhaltung !) § Stillstehen o Taxis (Bewegungsausrichtung) § Bei Aktivitäten mit dem Hund § Bei Aktivitäten mit dem Therapeuten („Trockenübungen“) § Bei gestikbegleiteten Gesprächen mit Gruppenteilnehmern o Proxemik (Distanzregelung) §
Hauptsächlich bei Interaktionen mit dem Hund - Sensorik o visuell (mit dem Sehsinn) § Hund als Individuum § Bewegungen des Hundes bei der Arbeit, beim Spiel § Emotionen des Hundes § Aktionen und Reaktionen Gruppenteilnehmer o akustisch (mit dem Hörsinn) § Gespräche mit den Gruppenmitgliedern § Gespräche mit dem Therapeuten § Lautäußerungen des Hundes o haptisch (kinästhetisch Tiefensensibilität) / taktil (mit dem Tastsinn) § Streicheln § Ertasten der unterschiedlichen Fellstrukturen § Betasten der Zähne des Hundes § Ertasten von Leckerlis und Spielzeugen o olfaktorisch (mit dem Geruchssinn) § Wahrnehmung des Hundes § Eigengeruch des Hundes bei feuchtem Wetter § Geruch der Leckerlis o gustatorisch (mit dem Geschmackssinn) § bei Verwendung von Wurst, Käse, Fleisch, Keksen als Leckerli o vestibulär (mit dem Gleichgewichtssinn) § Stehen neben und Laufen mit dem Hund § Über den Hund beugen (zum Streicheln) aus dem Sitzen oder Stehen - Sensomotorik § Kombination von motorischen und sensorischen Aktivitäten - Kognition o menschliche Wahrnehmung § siehe Sensorik o Denken, Intelligenz § Gezielte Fragen mit kombinatorischem Hintergrund § Eigenes Vorbereiten von Übungen o Emotion und Handeln § Reaktionen auf den (scheinbaren) Gemütszustand des Hundes o Intelligenz o Sprache § Deutliche Aussprache der Kommandoworte (sonst keine Reaktion des Hundes § Gesprächsführung durch den Therapeuten o Kreativität § Eigenständige Aktivitäten mit dem Hund § Abänderung der geübten Aktivitäten o Verstehen § Umsetzen der Vorgaben des Therapeuten o Urteilen, Bewerten § Der eigenen Leistung § Der Leistung der Gruppenmitglieder § Des Hundes (Stimmung, Tagesform, etc.) o Lernen § Verstehen des Lernverhalten des Hundes o Gedächtnis § Namen des Hundes, Kommandos und Handzeichen merken, etc. § Erinnerungen an eigene Hunde-Erlebnisse
Im folgenden soll anhand einiger weniger konkreter Beispiele die therapeutischen Wirkungsfelder unserer Übungen dargestellt werden. In der Praxis arbeiten wir mit einer Vielzahl von Übungen, die je nach Anforderung ständig variiert und kombiniert werden können. Aus unserer Praxiserfahrung heraus entwickeln wir auch laufend neue Übungen. Ein Grundprinzip ist allen Übungen gemeinsam. Um eine optimale therapeutische Wirkung zu erzielen ist es erforderlich, dass unsere Klienten bei den einzelnen Übungen – sowohl im motorischen als auch im kognitiven Sektor – bis an ihre Leistungsgrenzen gehen. Nur durch Aufforderung durch den Therapeuten ist dies oft nicht zu erreichen. Hier wirkt der Hund als zielgerichteter, starker Motivator. Beim ersten Beispiel sollen deshalb bei der Beschreibung der Übung die Aktivitäten des Hundes mit einbezogen werden. Seine Rolle ist bei fast allen Übungen die gleiche, weshalb soll bei den weiteren Beispielen auf seine Erwähnung verzichtet werden. Beispiel 1: Das Kommando „Sitz“ Als erstes wird der Klient mit einem Leckerli ausgestattet.
Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten, auf die noch getrennt eingegangen
wird. Für dieses Beispiel tragen wir etwas Paste auf den rechten Handrücken des
Klienten auf. Das Kommando selbst kann akustisch und/oder optisch gegeben
werden. Für dieses Beispiel wählen wir die optische Variante. Das
Kommandozeichen für das „Sitz“ ist ein elevierter, gestreckter Arm, eine
geschlossene Hand mit einem vertikal extendierten Zeigefinger. Nun zum Ablauf:
Vorangegangen ist zumeist die Übung „Heranrufen“, wonach der Hund vom Klienten
dafür belohnt wurde und nun vor dem (sitzenden oder stehenden) Klienten steht
und diesen erwartungsvoll ansieht. Um das Kommandozeichen richtig auszuführen
sind folgende Gelenkbewegungen (unter Einsatz aller beteiligter Muskelgruppen)
erforderlich: An diesem Beispiel wurde sehr detailliert der mögliche Ablauf einer Übung beschrieben. Als nächstes hierzu noch einige Variationsmöglichkeiten an. Davon gibt es sehr viele, und wie bereits gesagt entwickeln wir unsere Übungen permanent weiter. - Verwendet man statt der Paste auf dem Handrücken einen Hundekeks, so muss dieser zuvor einem Behälter entnommen (und dabei evtl. noch nach Farbe oder Form ausgesucht) werden. Bei der Ausführung des Kommandozeichens muss der Keks bei extendiertem Zeigefinger in der geschlossenen Hand gehalten werden (sehr schwierig!). Sobald der Hund sitzt, wird der Keks entweder fallen gelassen, geworfen oder dem Hund auf der supinierten Handfläche angeboten. - Diese Übung kann natürlich bilateral ausgeführt werden. Bei einigen Übungen hat jedoch das gleiche Handzeichen auf verschiedenen Körperseiten für den Hund unterschiedliche Bedeutungen. - Das Kommando kann verbal gegeben oder unterstützt werden. - Das Kommando kann Teil einer Kettenübung sein, z.b. „Sitz – Platz – Sitz – Steh“ - Das Kommando kann auch aus der Gehbewegung heraus gegeben werden. - Etc. Die folgenden weiteren Übungsbeispiele werden nur kurz beschrieben. Grundsätzliche gemeinsame Faktoren wie beispielweise aufrechte Oberkörperhaltung, konzentrierter Blickkontakt zum Hund, Hand-Auge-Koordination, Verbesserung der taktilen Wahrnehmung (Stereognosie), Hirnleistungstraining und soziale Kontaktaufnahme werden nicht bei jedem Beispiel neu erwähnt. - Weitwerfen eines Spielzeuges o Schultergelenke: Abduktion/Adduktion, Rotation o Ellenbogengelenke: Flexion/Extension o proximales und distales Handgelenk: Flexion/Extension o Fingergelenke: Flexion/Extension - Gezieltes Zuwerfen eines Leckerlis zum Hund o Supination/Propnation o Schultergelenke: Anteversion/Retroversion o Ellenbogengelenke: Flexion/Extension o Dosierung von Kraft und Geschwindigkeit - Heranrufen des Hundes (erhobener Arm mit weit gespreizten Fingern) o Schultergelenke: Elevation (oder zumindest Anteversion)/Retroversion o Ggf. Flexion(Extension der Ellenbogengelenke o Pronation/Supination o Fingergelenke: Extension/Flexion - Laufen mit dem Hund o Komplette Beanspruchung aller am Gehen beteiligten Muskeln und Gelenke o Vestibuläre Wahrnehmung
Im folgenden soll noch ein Beispiel für eine Übung detaillierter beschrieben werden, bei der die kognitiven Anforderungen im Vordergrund stehen. Bei dieser Übung geht es speziell um die Farberkennung. Diese ist im Alltag vieler Heimbewohner von besonderer Bedeutung und für deren Selbständigkeit wichtig, da in vielen Institution die Orientierung nach Etagen und Zimmern auf der Basis farblicher Gestaltung geschieht. Auch hier wird nur eine Variante dieser Übung becshrieben. Wie bei all unseren Übungen sind viele Variationen möglich. Wir nennen diese Übung „Hütchenspiel“. Dabei zeigen wir dem Klienten 3 Becher in verschiedenen Farben (rot, gelb, grün) und bitten ihn, sich eine Farbe auszusuchen. Die Becher befinden sich dabei außerhalb der Reichweite des Klienten, damit dieser nicht auf einen zeigen kann, sondern die Farbe benennen muss. Hat er sich für eine Farbe entschieden, so bitten wir ihn, aus einer Dose einen Hundekeks mit der gleichen Farbe herauszunehmen und in den Becher, den wir ihm hinhalten, zu legen. Dann stellen wir die 3 Becher verkehrtherum auf den Boden, so dass sich unter einem der Keks befindet. Teilweise lassen wir uns zu diesem Zeitpunkt von den Klienten noch einmal zeigen und benennen, unter welchem Becher der Keks liegt. Dadurch wird die gesamte Gruppe in die Übung mit einbezogen. Schließlich lassen wir den Hund suchen, welcher mit Sicherheit schnell den richtigen Becher findet, umwirft und den Keks frisst. Dies waren einige Beispiele für eine sehr breite Palette an Übungen, die wir mit unseren Klienten durchführen. Diese sollten verdeutlichen, wie vielfältig die Möglichkeiten der Arbeit mit dem Hund sind. Alle Übungen sind in ihrem Schwierigkeitsgrad regulierbar und lassen sich den Beeinträchtigungen der Klienten entsprechend variieren.
5. Psychologische Arbeitsprinzipien Um die Effizienz unserer Arbeit zu optimieren, haben wir natürlich auch die peripheren Bedingungen den Erfordernissen angepasst. Hierzu einige Erläuterungen: - An erster Stelle steht unser Prinzip der Gruppentherapie. Grundsätzlich arbeiten wir mit Gruppen von 5 bis 9 Personen. Das Optimum liegt hierbei bei 7-8 Personen. Eine höhere Teilnehmerzahl ist zur Zeit aus wirtschaftlichen Gründen in den meisten Einrichtungen erforderlich, was den Erfolg unserer Arbeit aber nur gering beeinträchtigt. Bei Gruppenstärken über 9 Personen sinkt die Effizienzkurve dann jedoch deutlich ab. Die Zeit für die Betreuung einer solchen Gruppe liegt (je nach Gruppenstärke und nach Belastbarkeit der Klienten) bei 30 bis 45 Minuten. Die Arbeit mit einer Klientengruppe hat für unsere Therapie mehrere Vorteile: Wir nutzen gezielt die Vorteile der Gruppendynamik aus. In Anlehnung an die Forschungen von Kurt Lewin bilden die Klienten eine Art T-Gruppe. Abgesehen davon, dass wir als Therapeuten natürlich die Aktionen jeweils eines Klienten mit dem Hund steuern, greifen wir nur nötigenfalls in das weitere Gruppenverhalten ein. Besonders in den Gruppen mit konstanter Zusammensetzung konnten wir hierdurch eine deutliche Steigerung der sozialen Kompetenz der Klienten erreichen. Abgesehen davon, dass sich dies natürlich direkt während unserer Arbeit durch gegenseitiges Beraten, Motivieren, Ermutigen, Bestätigen und ggf. Trösten manifestiert, bestätigt das Feedback des Pflege- und Betreuungspersonals auch positive Auswirkungen im alltäglichen Sozialverhalten unserer Klienten. Wir unterteilen die Therapiezeit aus Sicht eines Klienten in Aktivitäts- und Passivitätsphasen; in Abhängigkeit davon, ob er gerade eine Übung mit dem Hund absolviert, oder ob ein anderer Klient an der Reihe ist. Eigentlich ist der Begriff „passiv“ hier aber inkorrekt, da die Aktivität des Klienten bezüglich Aufmerksamkeit und Gruppendynamik natürlich weiterhin voll gefordert und erhalten bleibt. Da wir – wie bereits gesagt – an unsere Klienten angepasste, ganzheitliche Forderungen stellen, sind speziell die Aktivitätsphasen für den Einzelnen sehr anstrengend. Deshalb können diese nur relativ kurz gehalten werden. Die sinnvolle Zeitspanne einer Übung richtet sich hierbei nach deren Beanspruchungsgrad und natürlich nach der entsprechenden Leistungsfähigkeit des Klienten. - In unserer Arbeit legen wir großen Wert auf die Beachtung bzw. Reaktivierung sozialer Normen. Auch dies hat einen deutlichen Einfluss auf das Alltagsverhalten der Klienten (natürlich immer in Relation zu deren Zustand). Hierzu haben wir Rituale eingeführt, um deren struktur- und bedeutungsstiftende Kraft für den sozialen Zusammenhalt von Gruppen nutzbar zu machen. Mehrere Rituale und symbolische Handlungen (z. B. Begrüßung und Verabschiedung von Mensch und Hund in ebendieser Reihenfolge in einer festgelegten Art und Weise) unterstützen den Therapieerfolg erheblich. - Weiterhin haben wir mehrere Maßnahmen ergriffen, um eine möglichst entspannte und auf den Hund konzentrierte Atmosphäre zu schaffen und jeglichen Eindruck von Bevormundung oder Autorität zu vermeiden. Hierbei spielt unter anderem die Wahl der Arbeitskleidung eine Rolle. Ganz bewusst haben wir hier auf alles verzichtet, was unsere Klienten mit klinischen Berufen assoziieren könnten. Wir verwenden legere, sportliche Kleidung; vermitteln aber durch aufgedruckte Logos gleichzeitig die erforderliche Professionalität und Wiedererkennbarkeit. Auch im Gespräch mit den Klienten gelten diese Grundsätze. Aus diesem Grunde sprechen wir beispielsweise nicht von „Patienten“. Ebenso sind wir bemüht, im Gespräch mit unseren Klienten den Gebrauch von Fremdwörtern zu vermeiden, da auch dies oft als arroganter Wesenszug betrachtet wird. Vielen unserer Übungen geben wir aus diesem Grund auch ganz bewusst einen spielerischen Charakter. Dies geschieht durch die Auswahl unserer Therapiemittel nach Form, Farbe und Gestaltung, sowie durch ein humorvolles Gruppenklima. Auch dies können wir während unserer Arbeit mit den Klienten gezielt steuern, so dass sehr konzentrationsorientierte Übungen mit entspannungsbetonten Übungen alternieren.
6. Der Hund Über die Funktion des Hundes als Motivator ist bereits gesprochen worden. Wenn man aber ein lebendes Tier für Therapiezwecke einsetzt so ist es unerlässlich, auch dessen Bedürfnisse, Leistungen und Fähigkeiten zu berücksichtigen. Unsere Arbeit setzt ein umfangreiches kynologisches Wissen und Können voraus. Darauf wird im Punkt 7 noch näher eingegangen. Folgende kynologische Aspekte sind für unsere Arbeit relevant: - Der Hund limitiert Dauer und Häufigkeit der Arbeit. Wir setzen einen Hund nur einmal täglich (vor- oder nachmittags) ein. Dieser Einsatz kann aus 2 Therapieeinheiten zu je 30-45 Minuten bestehen, welche von einer Pause unterbrochen sind. Auch während der Therapieeinheiten erhält der Hund Ruhepausen. Diese werden für Gespräche mit den Klienten und für die Vorbereitung der nächsten Übung genutzt. - Der Hund muss eine entsprechende Ausbildung haben. Aus der Sicht eines nicht auf derartige Situationen konditionierten Hundes sind die Therapieveranstaltungen situativ bedrohlich und angstauslösend. Grund dafür sind unterschiedliche Bedeutungen in der Körpersprache von Hunden und Menschen. Hunde betrachten beispielsweise den direkten Blickkontakt sowie eine vorgebeugte Haltung als Provokation oder Bedrohung. Dies ist aber die Regelsituation bei der Kynotherapie. Deshalb ist eine Konditionierung der Hunde notwendig, um jegliche Risiken für Mensch und Tier auszuschließen. - Wasser wird vom Kynotherapeuten immer zu Anfang der Therapie zur Verfügung gestellt (gehört mit zu den ritualisierten Handlungen) und steht über den gesamten Zeitraum zur Verfügung. Die verwendeten Leckerlis werden hinsichtlich ihres Nährwertes und ihres therapeutischen Zweckes eingesetzt. Praktisch bedeutet dies, dass beispielsweise Kochschinken, der sich sehr gut für gustatorische Therapieübungen eignet, in etwa erbsengroßen Stücken verwendet wird. Hundekekse, die sich in Farbe und Form unterscheiden, dienen dem Wahrnehmungstraining. Sie sind deutlich größer als die Schinkenstückchen, aber für den Hund völlig unbedenklich. - Die eingesetzten Hunde stehen unter regelmäßiger tierärztlicher Kontrolle. Kranke Tiere werden natürlich nicht eingesetzt. Bedarfsgerechte Impfungen und Entwurmungen sowie eine optimale Fütterung und Pflege sind für uns Selbstverständlichkeiten. - Ausbildung und Sozialisierung der Hunde sind ein fortlaufender Prozess.
7. Die Ausbildung Bei unserer Form des Einsatzes unserer Hunde bewegen wir uns aus kynologischer Sicht in einem Grenzbereich. Mit dem erforderlichen Fachwissen und dem Praxistraining bieten wir unseren Hunden durch diese Arbeit eine optimale geistige und körperliche Auslastung. Dies ist durchweg positiv zu bewerten. Jedoch ist die Grenze zur Überforderung des Hundes (und damit einhergehend zur Gefährdung von Mensch und Tiere) sehr nah, und darf auf keinen Fall überschritten werden. Unsere Hunde wurden auf diese Form der Arbeit konditioniert und signalisieren permanent ihre momentane Verfassung. Um diese Signale jedoch richtig zu erkennen und zu deuten, bedarf es eines überdurchschnittlichen knyologischen Fachwissens. Wir können unseren Beruf nur dann effektiv ausführen, wenn wir aus allen tangierenden Fachgebieten die für unsere Arbeit relevanten Bestandteile kombinieren und zu einem neuen Fachgebiet zusammenstellen. Die Lösung hierfür könnte langfristig ein eigenes Berufsbild sein. Für unsere Arbeit haben wir ein solches geschaffen. Es enthält alle erforderlichen therapeutischen und kynologischen Aspekte(sowie weitere periphere Bestandteile aus verschiedenen Fachbereichen wie Psychologie, Pädagogik, Logopädie, etc.). Erworben haben wir dieses Fachwissen durch gegenseitige Schulung, durch die Teilnahme an Seminaren, aus der Fachliteratur und durch die Zusammenarbeit mit Spezialisten in der Praxis. Dieser Lernprozess ist nicht abgeschlossen. Unsere gegenseitigen Schulungen werden auch weiterhin regelmäßig durchgeführt, es werden weiterhin Seminare und Literatur herangezogen, und unsere Praxiserfahrung wächst ebenfalls weiter.
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